Ärzt*innen, die selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführen, dürfen nicht über Schwangerschaftsabbrüche informieren – ich schon. Deshalb habe ich diese Seite eingerichtet, auf der ich Informationen zum Schwangerschaftsabbruch zur Verfügung stelle.
Informationen zum Schwangerschaftsabbruch
Das Wichtigste zuerst:
Du bist schwanger und willst es (vielleicht) nicht mehr sein? – Dann brauchst Du eine unterstützende und respektvolle Gesprächspartner*in. Mit dieser Situation solltest Du nicht allein sein: sprich mit Freund*innen, Deiner Familie oder Partner*in. Eine vertrauliche aber unabhängige Beratung kannst Du auch in einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle in Deinem Ort suchen. Falls Du gern anonym bleiben willst, kannst du auch beim Hilfetelefon: „Schwangere in Not“ anrufen: 0800 40 40 020.
Wichtig ist, dass dies Deine Schwangerschaft ist und es dementsprechend auch Deine Entscheidung ist, abzubrechen oder es nicht zu tun. Beratungen können zum Fortsetzen der Schwangerschaft ermutigen, sollten Dich aber auf keinen Fall unter Druck setzen. Und auch andersherum, kann die Beratung Dich darin bestärken, einen Abbruch vorzunehmen; lass diese Entscheidung aber niemanden anders für Dich treffen als Dich selbst! Du musst für dich entscheiden, ob du ein Kind möchtest oder es mindestens austragen willst – oder ob du mit der Entscheidung, jetzt kein Kind auszutragen und/oder zu erziehen, leben kannst. Niemand anderes kann entscheiden, was für dich richtig ist.
Wichtig ist: versuche NICHT deine Schwangerschaft selbst zu beenden! Das ist gefährlich und nicht nötig!
Gesetzliche Voraussetzungen für einen legalen Schwangerschaftsabbruch
Für einen legalen Schwangerschaftsabbruch in Deutschland benötigst Du entweder
- eine schriftliche Bescheinigung über eine Beratung bei einer nach § 219 StGB bzw. § 7 SchKG anerkannten Beratungsstelle oder
- eine schriftliche ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen einer medizinischen oder kriminologischen Indikation nach § 218 StGB
Durchführung eines Schwangerschaftabbruchs
Es gibt drei Methoden des Schwangerschaftabbruchs: medikamentös, chirurgisch mit örtlicher Betäubung sowie chirurgisch mit Vollnarkose. In der Regel übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten der Behandlung nur, wenn sie aus medizinischer Sicht angezeigt ist.
Der Verlauf ist in der Regel folgendermaßen: Sie treffen in einer behandelnden Arztpraxis ein, Ihre Unterlagen werden auf Vollständigkeit überprüft. Danach findet ein Aufnahmegespräch mit der Arzthelferin oder Krankenschwester statt. Diese Kollegin bleibt dann in der Regel die Bezugsperson während des gesamten weiteren Aufenthaltes. Im Anschluss findet das Gespräch mit der Ärztin statt. Vor dem Schwangerschaftsabbruch führt die Ärztin eine Tastuntersuchung zur Bestimmung der Lage und Größe der Gebärmutter durch. Ebenso wird eine Ultraschalluntersuchung gemacht, um das Schwangerschaftsalter zu bestimmen.
Der weitere Verlauf unterscheidet sich beim medikamentösen und chirurgischen Abbruch.
Die Bundesärztekammer führt eine Liste über Praxen und Kliniken, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Diese findest Du hier: hier. Achtung: Diese Liste ist nicht vollständig, da nicht alle Praxen und Kliniken wollen, dass im Internet steht, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, da sie Bedrohung und Verfolgung durch Abtreibungsgegner fürchten. Häufig können Dir aber auch die Schwangerschaftskonflikberatungsstellen sagen, welche Ärzt*in in Deiner Nähe einen Schwangerschaftsabbruch durchführt. Für tiefergehende Informationen, kannst Du sehr gut auf der Website von profamilia weitersuchen. Dort wird umfassend informiert und kann schließlich auch individuell weiterberaten werden. Einen wissenschaftlichen Artikel der Gießener Ärztin Kristina Hänel zum Thema Schwangerschaftsabbruch findet sich hier.
Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch
Ein medikamentöser Abbruch ist in Deutschland nur bis zum 63. Tag nach der letzten Regel möglich (entspricht dem 49. Tag nach der Empfängnis). Das benutzte Medikament ist ein künstliches Hormon (Mifepriston), das die Wirkung des Hormons Progesteron blockiert. Progesteron ist entscheidend an der Entwicklung und Erhaltung der Schwangerschaft beteiligt. Für die medikamentöse Methode sind in der Regel zwei Termine in einer Praxis erforderlich.
Beim ersten Besuch erfolgt die Untersuchung mit Ultraschall. Sollte die Fruchtblase noch nicht im Ultraschall zu sehen sein, ist eine Bestimmung des Schwangerschaftshormons -HCG im Blut erforderlich.
Anschließend werden drei Tabletten des Medikamentes unter ärztlicher Aufsicht eingenommen. Oft kommt es bereits am folgenden Tag zur Blutung. In drei Prozent der Fälle wird das Schwangerschaftsgewebe ohne weitere Behandlung in den nächsten beiden Tagen ausgestoßen. Auch in diesem Fall ist ein zweiter Besuch zur Kontrolle erforderlich. Viele Patient*:innen spüren jedoch keine körperliche Veränderung. Beim zweiten Besuch in der Praxis muss mit drei bis vier Stunden Aufenthalt gerechnet werden. Patient*innen bekommen mehrere Tabletten des Medikaments Prostaglandin, das die Ausstoßung des Schwangerschaftsgewebes fördert. Bei vielen Patient*innen kommt es zu Kontraktionen der Gebärmutter und Blutungen setzen ein. Sollte es nach zwei bis drei Stunden nicht zu einer Blutung gekommen sein, wird die Gabe des Medikaments wiederholt und eine Stunde später kann die Praxis in aller Regel verlassen werden.
Bei vielen Patient*innen kommt es während des Aufenthaltes in der Praxis zum Ausstoßen der Fruchtblase, aber bei jeder vierten Frau setzen die Blutungen sogar erst nach 24 Stunden ein. Sollte also nicht innerhalb der drei bis vier Stunden die Fruchtblase ausgestoßen sein, so ist das kein Grund zur Beunruhigung.
Nebenwirkungen und Komplikationen
Mögliche Nebenwirkungen sind Unterleibsschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Die Blutungen können stärker sein als beim chirurgischen Abbruch oder bei Ihrer Periode und länger anhalten. In ca. 1-4% versagt die Methode. Bei einer weiter bestehenden Schwangerschaft ist eine chirurgische Beendigung des Abbruchs notwendig.
Gründe gegen die medikamentöse Methode
- Konkreter Verdacht auf eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (z.B. im Eileiter)
- Unverträglichkeit von Prostaglandinen
- Allergie gegenüber Mifepriston
- Chronische Nebenniereninsuffizienz
- Schweres Asthma (Einnahme von Cortisontabletten.)
- Leber- und Nierenversagen
Eine evtl. liegende Spirale muss entfernt werden.
Chirurgischer Schwangerschaftsabbruch
In der Regel erhalten Patient*innen ca. eine Stunde vor Beginn des Eingriffs Medikamente, die die Gebärmutter vorbereiten (Priming). Dadurch wird das Risiko, die Gebärmutter beim Eingriff zu verletzen, verringert. Der chirurgische Schwangerschaftsabbruch kann entweder unter lokaler Betäubung oder mit Vollnarkose durchgeführt werden. Bei einer örtlichen Betäubung wird das Betäubungsmittel in den Muttermund gegeben. Dies wird von vielen Patient*innen gar nicht bemerkt, obwohl die Angst davor oft groß ist. Die Nerven am Muttermund reagieren zwar auf Druck sehr empfindlich, aber nicht auf Berührung.
Die Vollnarkose wird durch eine*n Narkoseärzt*in durchgeführt. Die Narkosemittel werden über eine in die Armvene gelegte Nadel gegeben. Kurz darauf wird die Patient*in müde und schläft ein, sodass sie sich später nicht mehr an den Eingriff erinnern kann. Oft erinnern die Patient*innen nicht einmal, dass Sie nach ca. 15 Minuten, wenn der Eingriff beendet ist, selbständig in den Ruheraum gelaufen sind.
Zur Vorbereitung des Absaugens wird der Muttermund mit Dehnungsstäben geöffnet. Mit einem Plastikröhrchen wird anschließend das Schwangerschaftsgewebe abgesaugt. Dabei wird auch die obere Schleimhautschicht mit entfernt, die normalerweise bei der Periode abblutet. Das Absaugen dauert nur wenige Minuten. Am Ende zieht sich die Gebärmutter zusammen, um die Blutung zu stoppen, was in etwa dem Gefühl bei der Menstruation oder den Nachwehen nach einer Geburt entspricht. Es folgt eine Kontrolle, ob die Gebärmutter vollständig entleert ist. Auch das abgesaugte Gewebe wird kontrolliert.
Komplikationen
- Entzündungen der Unterleibsorgane
- Gewebereste, die zu verstärkten Blutungen oder auch zu Entzündungen führen können. In seltenen Fällen muss ein weiterer Eingriff erfolgen
- Allergische Reaktionen auf Medikamente
- Verletzungen der Gebärmutter oder des Gebärmutterhalses sowie angrenzender Gewebe
Bei ernsten Komplikationen kann eine Verlegung ins Krankenhaus erforderlich sein.
Begleitpersonen
Oft ist es hilfreich, eine Begleitperson zum Abbruch mitzubringen, z.B. Partner*innen oder andere Begleitpersonen wie Freund*innen und Verwandte. Sollte ein Schwangerschaftsabbruch in örtlicher Betäubung gemacht werden, ist es auch möglich, sich beim Abbruch in den Behandlungsraum begleiten zu lassen. Ansonsten kann die Begleitperson in der Regel im Ruheraum bei Ihnen sein.
Nach dem Abbruch
Bis zu 24 Stunden nach dem Eingriff sollten Patient*innen nicht selbst Auto fahren. Eine Nachuntersuchung bei Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt ist ca. 14 Tage nach dem Abbruch erforderlich. (Beim Medikamentösen Abbruch zwischen dem 10. und 14. Tag nach Mifegyne-Einnahme). Nur dann kann gewährleistet werden, dass der Abbruch vollständig war und keine gesundheitlichen Nachteile entstehen.
Verhütung
Der erste Eisprung nach dem Abbruch findet nach ca. zwei bis vier Wochen statt. Dementsprechend setzt die nächste Regelblutung nach vier bis sechs Wochen ein. Da Patient*innen direkt nach dem Abbruch wieder empfängnisbereit sind, sollte die Frage der anschließenden Verhütung geklärt sein. Bitte besprechen Sie dieses Thema mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.
Zur Unterstützung der Gebärmutterrückbildung ist es möglich, direkt mit der Pille zu beginnen. Dies wird aus medizinischen Gründen für den medikamentösen Abbruch empfohlen.
Essen und Trinken, Medikamente
2 Tage vor dem Eingriff dürfen kein Aspirin oder sonstige Mittel mit Acetylsalicylsäure eingenommen werden. Sollten Sie andere Blutverdünnende Medikamente nehmen oder eine Blutgerinnungsstörung haben, sollten Sie mit Ihrer Ärztin vorab das weitere Vorgehen besprechen.
Beim chirurgischen Abbruch mit örtlicher Betäubung ist es sinnvoll, eine leichte Mahlzeit zu sich zu nehmen, aber nicht später als zwei Stunden vorher. Beim chirurgischen Abbruch mit Vollnarkose dürfen Sie 6 Stunden vorher auf keinen Fall essen, trinken oder rauchen. (Nikotin regt die Magensäure an und im Notfall könnte säurehaltige Flüssigkeit in die Lunge gelangen!) Bis 1 Stunde vor dem Termin können Sie klare Flüssigkeit (ohne Milch und Zucker) zu sich nehmen.
Was muss zum Termin mitgebracht werden?
- Beratungsbescheinigung über die nach § 219 StGB durchgeführte Beratung oder Indikation nach § 218 StGB
- Blutgruppennachweis
- Versichertenkarte
- Kostenübernahmebescheinigung oder Bargeld
- Überweisungsschein der Frauenärztin/des Frauenarztes
Es sollte bequeme Kleidung getragen werden sowie Binden, Socken und ein Badehandtuch mitgebracht werden.
Kosten
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Abbruch nur dann, wenn der Abbruch nach einer Vergewaltigung erfolgt, aus medizinischen Gründen unabdingbar ist oder wenn Du ein geringes Einkommen hast. Für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis 30.06.2021 liegt die Netto-Einkommensgrenze bei 1.258 Euro monatlich. Für jedes unterhaltspflichtige Kind erhöht sich diese Grenze um 298 Euro. Wenn die Kosten für Deine Wohnung höher als 368 Euro liegen, ist eine weitere Aufstockung der Einkommensgrenze um maximal 368 Euro möglich. Wenn Du keine der genannten Kriterien erfüllst, musst Du die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch selbst tragen. Ein medikamentöser Abbruch etwa kostet zwischen 200 und 300 Euro, ein operativer Abbruch ca. 400 bis 600 Euro.
Links
- familienplanung.de – Liste von Ärztinnen und Ärzten, Kliniken und Einrichtungen, die grundsätzlich Schwangerschaftsabbrüche vornehmen
- Informationen der Bundesärztekammer mit einer Liste von Ärztinnnen und Ärzten
- Umfangreiche Informationen zu sexueller und reproduktiver Gerechtigkeit bei der Heinrich Böll Stiftung
Für ein Recht auf körperliche Selbstbestimmung – und ein Ende der Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen
Der Gießener Ärztin Kristina Hänel gegenüber sprach vor einiger Zeit ein Gericht das Verbot aus, über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Schuld für das Urteil ist der noch aus der NS-Zeit stammende § 219a im Strafgesetzbuch. Dieser Paragraph verbietet es Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, etwa auf ihrer Website Informationen über den Schwangerschaftsabbruch zur Verfügung zu stellen. Dieser Paragraph verhindert das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Frauen & Schwangeren.
Es wird Zeit, dass die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen endet – denn Schwangerschaftsabbrüche sollten ganz normaler Teil der Gesundheitsversorgung sein.
Deshalb unterstütze ich politisch diese Forderungen:
1. Eine Streichung der Paragraphen 218 und 219a StGB. Schwangerschaftsabbrüche gehören nicht ins Strafrecht.
2. Alle Städte und Landkreise sollen garantieren, dass es vor Ort medizinische Einrichtungen gibt, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.
3. Schwangere, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, sollen die anfallenden Kosten nicht selber übernehmen müssen.
4. Das Thema Schwangerschaftsabbruch soll verstärkt in der medizinischen Lehre vorkommen und dort mehr als nur die rechtlichen Aspekte beinhalten.
Quellen: https://fragdenstaat.de/aktionen/219a/ und https://gj-nds.de/blog/2021/02/informationen-schwangerschaftsabbrueche/
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