Am 28. Oktober 2021 wird das Bundesverkehrsministerium 12 Jahre lang durch einen CSU-Minister geführt worden sein. CSU-Minister Andreas Scheuer muss mehr Gestalter als Verwalter werden. Denn klar ist: die Verkehrswende ist überfällig. Wird sie in dieser Legislatur nicht gezielt eingeleitet, dann wird es der Verkehrssektor sein, der dazu führt, dass Deutschland auch seine Klimaschutzziele für 2030 und 2040 nicht erreichen wird. In dieser Zeit werden viele tausend Menschen an den schädlichen Emissionen und Immissionen des Verkehrs in Deutschland sterben.
Die Verkehrswende muss nicht in Kommissionen besprochen, sondern mit Antriebswende und Verkehrsvermeidung entschlossen eingeleitet werden.
Auf Seite 75 des Koalitionsvertragsentwurfs schreiben CDU, CSU und SPD: "Wir werden eine Kommission unter Einbeziehung der unterschiedlichen Akteure aus Politik, Wirtschaft,
Umweltverbänden, Gewerkschaften sowie betroffenen Ländern und Regionen einsetzen, die bis Anfang 2019 eine Strategie „Zukunft der bezahlbaren und
nachhaltigen Mobilität“ mit verlässlicher Zeitschiene erarbeitet."
Dabei liegt auf der Hand, was für eine Verkehrswende im Sinne nachhaltiger Mobilität getan werden muss. Im ersten Schritt muss es um die Ausgestaltung einer Antriebswende und um
Verkehrsvermeidung gehen. Dafür braucht es keine Kommission, sondern entschlossenes politisches Handeln. Minister Scheuer täte sich einen Gefallen, wenn er hier nicht Expert*innen eineinhalb
Jahre beraten lässt, sondern sofort anpackt.
Zur Antriebswende finden sich im Koalitionsvertragsentwurf einige gute Ansätze zu allen Verkehrsträgern: so sollen Busse, Züge und Schiffe mit Wasserstoff- und LNG-Antrieben gefördert werden.
Ebenso soll der Wirtschaftsverkehr auf der Straße bei der Umrüstung hin zu schadstoffärmeren Antriebstechnologien unterstützt werden. Für die Elektromobilität sollen 100.000 neue Ladepunkte
geschaffen werden.
Bei allen guten Ansätzen, Verkehrsvermeidung ist das nicht. Sie muss zweiter wichtiger Bestandteil der Verkehrswende sein. Alle Effizienzgewinne im Verkehrssektor im letzten Jahrzehnt sind durch
das gestiegene Verkehrsaufkommen aufgezehrt worden. Bei nahezu anhaltender wirtschaftlicher Dynamik ist von einem weiteren starken Anstieg des Verkehrsaufkommens in Deutschland auszugehen. Das
BMWI ging bereits bei seiner Verkehrsprognose von 2014 für das Jahr 2030
davon aus, dass der Güterverkehr gegenüber 2010 (in Tonnen-km) um 38 Prozent und der Personenverkehr (in Personen-km) um 13 Prozent zunehmen wird.
Selbst wenn es der Bundesregierung in den nächsten Jahren bis 2021 gelingen sollte eine Antriebswende voranzubringen, dann nutzt dies in vielen Bereichen nichts, denn: der Durchschnitts-Pkw des
Jahres 2030 läuft 2018 vom Band. Hier allein darauf zu setzen, dass Gerichte und/oder die EU-Kommission den Individualverkehr regulieren kann nicht der Anspruch einer gestaltenden Verkehrspolitik
für Autofahrer, Anwohner und die Wirtschaft sein. Sie alle brauchen Planungssicherheit. An der ausfinanzierten Umsetzung - und nicht Konzeption - von Strategien zur effizienten Verkehrsvermeidung
wird sich ein nachhaltiger Erfolg der Verkehrspolitik in dieser Legislaturperiode messen lassen.
Keine Verkehrswende ohne Energiewende und Sektorenkopplung
Ein wichtiges Element der Verkehrswende wird die Energiewende sein. Wenn es gelingt, dass erneuerbar erzeugte Energie, und nicht Kernenergie, Braun- oder Steinkohlestrom, diskriminierungsfrei vom
Stromsektor in den Mobilitätssektor fließen kann, dann können bei niedrigen Strompreisen bzw. bei Stromüberschüssen über Power-to-Gas-Technologien auch erneuerbare Gase hergestellt werden. Diese
können dann in Bussen, Lkw und Schiffen oder Flugzeugen zum Einsatz kommen. Wenn 2030 in Schleswig-Holstein noch ein Diesel-Lkw neben einer Windkraftanlage auf der
Landstraße fährt, dann war die Sektorenkopplung nicht erfolgreich.
Damit die Energiewende im Verkehr eine Erfolgsgeschichte wird, muss der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit dem Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier (CDU)
Verkehr- und Energie zusammendenken und die starren Grenzen der Planung und Finanzierung überwinden.
Und jetzt? Den Dreisatz der Verkehrswende anwenden!
Andreas Scheuer sollte sich nicht damit begnügen Kommissionen einzusetzen und interessante Abschlussberichte auszuwerten, sondern es geht darum in dieser Legislaturperiode den Dreisatz aus
Antriebswende, Verkehrsvermeidung und Energiewende im Verkehrssektor zusammen mit den Kommunen und vielen anderen Akteuren anzuwenden. Mehr als 14 Milliarden Euro stehen dem BMVI dafür allein
2018 zur Verfügung. Werden die Mittel zur Gestaltung der Herausforderungen eingesetzt, dann kann der Mobilitätssektor vielleicht 2021 das erste Mal zur Erreichung der Klimaschutzziele beitragen.
Dann könnte Mobilität schrittweise bis 2050 nachhaltig werden. Jetzt heißt es: anpacken und anschieben.
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